Die Nieren erfüllen im menschlichen Körper vielfältige Funktionen [https://www.seltene-nierenerkrankungen.de/nieren/funktion]. Sie reinigen das Blut zum Beispiel permanent von Abfallstoffen, die beim Stoffwechsel als Nebenprodukte entstehen. Verliert die Niere die Fähigkeit, das Blut von diesen Substanzen zu befreien, reichern sie sich unter anderem im Blut an. Mithilfe von Messungen und bestimmten Berechnungen können Mediziner*innen aus verschiedenen Werten im Blut die Funktion der Nieren abschätzen. Ärzt*innen benötigen diese Informationen, um Nierenerkrankungen zu erkennen, den Krankheitsverlauf zu beobachten und Medikamente richtig zu dosieren.1
Kreatinin
Kreatinin ist ein Stoffwechselprodukt, das permanent im Körper produziert wird. Es ist das Abbauprodukt der Säure Kreatin. Sie versorgt die Muskeln mit Energie. Darüber hinaus wird Kreatin beim Verzehr von gekochtem Fleisch aufgenommen.2Die Kreatininkonzentration im Blut hängt von der Muskelmasse und dem Alter einer Person ab.2 Sind die Nieren nicht mehr in der Lage, das Blut ausreichend zu filtern, steigt die Konzentration von Kreatinin im Blut.2 Übersteigt der Kreatininwert (auch Krea-Wert oder kurz „das Krea“) eine bestimmte Grenze, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass die Nieren nicht mehr gut arbeiten.3
Als Referenz beziehungsweise Norm gelten die folgenden Werte:4
- Für Männer: 0,67 bis 1,17 Milligramm pro Deziliter (mg/dl)
- Für Frauen: 0,51 bis 0,95 (mg/dl)
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Wichtig: Die alleinige Betrachtung des Kreatininspiegels im Blut ist nicht geeignet, um die Nierengesundheit zu beurteilen.3 Denn der Kreatininwert im Blut kann sich je nach Alter, Geschlecht und Körpergröße und durch weitere Faktoren ändern.3 So haben beispielsweise bestimmte Medikamente, intensive körperliche Aktivität und die Ernährungsweise Einfluss auf den Wert.3 Die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate gilt als genauerer Parameter, um herauszufinden, wie gut die Nieren arbeiten.3 Diesen Laborwert erläutern wir im folgenden Absatz.
Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)
Die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate ist ein Maß dafür, wie gut die Nieren Abfallprodukte aus dem Blut entfernen.5 Genau genommen gibt die Rate an, wie viel Blutvolumen die Nieren pro Minute filtern können.6 Eine genaue Bestimmung der GFR ist schwierig, da die Messung ein komplizierter und langwieriger Prozess ist.7 Aus diesem Grund verwenden medizinische Fachkräfte eine Formel zur Schätzung der glomerulären Filtrationsrate.7 Sie sprechen auch von einer geschätzten GFR (Englisch: Estimated Glomerular Filtration Rate beziehungsweise eGFR). In die Berechnung der geschätzten glomerulären Filtrationsrate fließen der Kreatininwert des Blutes, das Alter und das Geschlecht mit ein.5 Die Einheit der eGFR ist ml/min/1,73 m2. Das heißt, die Filterleistung wird auf eine Standardperson mit einer Körperoberfläche von1,73 m2 bezogen. Die GFR kann aber auch anhand des Cystatin-C-Spiegels berechnet werden.5 Über Cystatin C erfahren Sie in einem der folgenden Absätze mehr.
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Anhand der geschätzten GFR können Mediziner*innen beurteilen, wie es um die Nieren steht:7
- Ein Wert von 90 oder höher liegt im Normalbereich
- Ein Wert von 60–89 kann eine Nierenerkrankung im Frühstadium bedeuten
- Ein Wert von 15–59 weist auf eine Nierenerkrankung hin
- Ein Wert unter 15 deutet auf Nierenversagen hin
Kreatinin-Clearance
Statt die Nierenleistung wie bei der GFR über eine Formel abzuschätzen, können Mediziner*innen die Nierenfunktion auch bestimmen, indem sie die Kreatininkonzentration im über 24 Stunden gesammelten Urin mit der Kreatininkonzentration im Blut ins Verhältnis setzen. Die Sammlung des Urins ist jedoch mit einem relativ großen Aufwand verbunden. Die Kreatinin-Clearance wird dann aus den ermittelten Werten und unter Berücksichtigung von Alter und Gewicht nach einer bestimmten Formel errechnet. Sie gibt an, wie gut die Nieren Kreatinin aus dem Blut herausfiltern können.8 Genau genommen gibt die Kreatinin-Clearance das Blutvolumen (in Millilitern) an, das pro Minute von Kreatinin gereinigt wird. Mediziner*innen berechnen die Kreatinin-Clearance zum Beispiel, wenn der Verdacht auf eine Nierenerkrankung besteht, der Kreatininwert aber noch normal ist.8 Denn: Der Wert kann schon früh eine Schädigung der Nieren anzeigen.9
Die Normwerte zur Kreatinin-Clearance variieren in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht. Bei jungen Männern im Alter von 25 Jahren sollte der Wert zum Beispiel zwischen 95 und 140 Millilitern pro Minute (ml/min), bei Männern im Alter von 75 Jahren hingegen zwischen 50 und 80 ml/min liegen.10 Ein wenig niedrigere Referenzwerte finden sich bei den Frauen: Für 25-Jährige gilt hier eine Kreatinin-Clearance von 70 bis 110 ml/min als Norm.10 Bei 75-Jährigen sollte der Wert zwischen 35 und 60 ml/min liegen.10
Cystatin C
Eine Cystatin-C-Messung im Blut kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn frühere Nierenfunktionstests unklare Ergebnisse geliefert haben.11 Bei Cystatin C handelt es sich um ein Protein, das bei verschiedenen Stoffwechselprozessen im Körper entsteht.5,12 Wie Kreatinin wird Cystatin C über die Nieren aus dem Körper entfernt.5 Ist der Cystatin-C-Wert im Blut erhöht, deutet das auf eine gestörte Nierenfunktion hin.12 Der Cystatin-C-Wert sollte zwischen 0,35 und 0,95 Milligramm pro Liter (mg/l) liegen.4 Wie eingangs erwähnt, lässt sich aus dem Cystatin-C-Wert mit bestimmten Formeln auch die eGFR berechnen.
Ein Vorteil der Bestimmung von Cystatin zur Beurteilung der Nierenfunktion: Die Menge an Cystatin C im Blut ist kaum von anderen Faktoren wie Körpergewicht, Muskelmasse und Geschlecht der Patient*innen abhängig.12
Harnstoff
Wenn die Nieren das Blut nicht mehr ausreichend filtern können, reichert sich auch Harnstoff darin an.9 Dabei handelt es sich um ein Endprodukt verschiedener Stoffwechselprozesse, das üblicherweise mit dem Urin ausgeschieden wird.13 Wichtig zu wissen: Die Menge von Harnstoff im Blut steigt erst an, wenn die Nierenfunktion um 75 Prozent vermindert ist. Zudem hängt sie von Faktoren wie der Proteinzufuhr ab.14 Mediziner*innen bestimmen den Harnstoffwert im Blut daher vorwiegend, um den Verlauf einer stark eingeschränkten Nierenfunktion (terminale Niereninsuffizienz) zu beurteilen.14
Als Referenz beziehungsweise Norm gelten folgende Werte:4
17 bis 43 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) beziehungsweise 2,8 bis 7,2 Millimol pro Liter (mmol/l)
Wichtig: Um die Nierenfunktion zu beurteilen, ziehen Mediziner*innen immer mehrere der genannten Nierenfunktionsparameter heran. Werfen sie einen Blick auf die eGFR, berücksichtigen sie dabei zum Beispiel auch die Harnstoff- und Kreatininwerte. Ein Grund: Die GFR wird nur näherungsweise bestimmt, und die Berücksichtigung weiterer Nierenfunktionswerte ergibt ein klareres Bild. Ist nur einer der Werte erhöht, kann das auch andere Gründe als eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Erhöhte Harnstoffwerte allein können beispielsweise darauf zurückzuführen sein, dass die Person viel zu wenig getrunken hat.
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Entzündungswerte
Mediziner*innen ermitteln oftmals auch verschiedene Entzündungswerte, um die Nierengesundheit zu beurteilen.
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Zu den Faktoren
Die Bestimmung der Komplementfaktoren im Blut kann Mediziner*innen Hinweise auf Nierenerkrankungen geben.
Quellen
- Bundesverband Niere e. V. Chronische Nierenerkrankungen. https://www.bundesverband-niere.de/informationen/chronische-nierenerkrankungen, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- e.Medpedia. Kreatinin. https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/lexikon-der-medizinischen-laboratoriumsdiagnostik/kreatinin?epediaDoi=10.1007%2F978-3-662-49054-9_1777, letzter Aufruf am 16.07.2024.National
- Kidney Foundation. Creatinine. https://www.kidney.org/atoz/content/serum-blood-creatinine, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Bundesverband Niere e. V. Laborwerte für Nierenkranke. https://www.bundesverband-niere.de/wp-content/uploads/2023/09/Laborwerte-2023.pdf, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- National Kidney Foundation. Tests to Check Your Kidney Health. https://www.kidney.org/atoz/content/tests-to-check-your-kidney-health, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Internisten im Netz. Chronische Nierenschwäche: Erste Anzeichen, Symptome & Krankheitsstadien. https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/nierenschwaeche-chronisch/erste-anzeichen-symptom-stadien.html, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- National Kidney Foundation. Estimated Glomerular Filtration Rate (eGFR). https://www.kidney.org/atoz/content/gfr, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Stiftung Gesundheitswissen. Laborwerte richtig verstehen. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/koerper-wissen/laborwerte-richtig-verstehen, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Internisten im Netz. Nierenschwäche (chronisch): Untersuchungen & Diagnose. https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/nierenschwaeche-chronisch/untersuchungen-diagnose.html, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Pharmazeutische Zeitung. Was die Nierenwerte aussagen. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/was-die-nierenwerte-aussagen-145141/, letzter Aufruf am 01.08.2024.
- American Kidney Fund. Tests for kidney disease. https://www.kidneyfund.org/all-about-kidneys/tests-kidney-disease, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- gesundheit.gv.at. Cystatin C (CYSTC). https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/niere-harn/cystatin-c.html, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Internisten im Netz. Harnstoff. https://www.internisten-im-netz.de/mediathek/blutbild-erklaerung/harnstoff.html, letzter Aufruf am 16.07.2024.
- Psychrembel. Harnstoff (Physiologie). https://www.pschyrembel.de/Harnstoff%20%5BPhysiologie/K09GL/doc/, letzter Aufruf am 16.07.2024.